„Laserscape Kassel“, Horst H. Baumann

Der Fortbestand der Laser-Installation war 2005 ernsthaft bedroht. Das documenta forum hat sich über viele Jahre erfolgreich für den Erhalt des Kunstwerks eingesetzt.

Vom „Laser-Environment“ zur „Laserscape Kassel“ – Das documenta forum und die Lichtkunst im öffentlichen Stadtraum


Ab dem Jahr 1998 stand als zentrale Aufgabe die Wiedergewinnung eines verlorengegangenen Außenkunstwerks auf dem Programm: Horst H. Baumanns „Laser-Environment“, entstanden 1977 zur documenta 6. Aufgrund der breiten Akzeptanz wurde es 1979 als weltweit erste
permanente Laser-Installation im öffentlichen Stadtraum unter der Bezeichnung „Laserscape Kassel“ etabliert.

1992 brachte ein existenzbedrohender Vorfall das populäre Werk für längere Zeit zum Erliegen. Aus einer documenta hervorgegangen, drohte es an einer documenta zu scheitern. Als nämlich nach der documenta 7 Lothar Baumgartens Wandmalerei „Entenschlaf“ von der Fassade des Zwehrenturms entfernt werden sollte, wurde ein Baugerüst installiert. Unmittelbar vor Abschluss der Renovierungsarbeiten nahmen Einbrecher die Gelegenheit wahr, im Obergeschoss des Turms – dem Ausgangspunkt der Strahlenkonfiguration – einzusteigen und wesentliche Komponenten der Laser-Technik zu entwenden bzw. zu zerstören.

Hier setzte die Initiative des Forums an. Sie hatte zum Ziel, das moderne, aber erloschene Wahrzeichen der documenta-Stadt zu reaktivieren – eine Aufgabe, die zu diesem Zeitpunkt utopisch schien, da mit den Strahlen auch das öffentliche Interesse weitgehend erloschen war und darüber hinaus keine institutionellen, organisatorischen, finanziellen und technischen Voraussetzungen mehr gegeben waren.

Wiedergewinnung eines verlorengegangenen Außenkunstwerks

Die Anstrengungen des Forums erreichten schließlich, dass im Jahr 2000 die Städtische Werke AG eine erneuerte technische Anlage zur Verfügung stellte, bis 2007 eine jährliche Laufzeit von 100 Betriebsstunden garantierte sowie die Betreuung durch ein Technikerteam sicherstellte. Gleichzeitig gab die documenta und Museum Fridericianum Veranstaltungs GmbH die Erlaubnis zur weiteren Nutzung des Zwehrenturms, und die Staatlichen Museen Kassel gestatteten den Verbleib des Spiegelkubus auf dem Dach des Orangerie-Mittelbaus, von wo aus sich das Strahlensplitting fächerförmig über die Karlswiese ausbreitete.

Bereits zur 1. Kasseler Museumsnacht am 2. September 1999 konnte Horst H. Baumann mithilfe einer Förderung von 3.000 DM durch das documenta forum einen Probelauf des Lasers unternehmen, nachdem er im Februar 1999 bei einem Jour fixe seine Pläne
für die Reaktivierung des Kunstwerks vorgestellt hatte.

„Aktion Rettet den Laser“ mit bürgerschaftlichem Engagement

Nachdem der Laser mit der veralteten Technik durch die Städtischen Werke noch bis 2007 betrieben werden konnte, beschloss das documenta forum, „die Sicherung der Laserscape zu der vorrangigen Aufgabe des Vereins zu machen“, das Kunstwerk mit aktueller Technik auszustatten und um einen Teilstrahl zum Hessischen Landesmuseum zu ergänzen.

Die letzte „Laserscape-Nacht“ kündigten die Städtischen Werke für den 2. Juni 2007 an. Dem dabei ausgesprochenen Dank für den persönlichen Einsatz der Mitarbeiter*innen der Städtischen Werke stimmte auch das documenta forum uneingeschränkt zu. Über sieben Jahre hatten sie ehrenamtlich an jedem Wochenende und an besonderen Feiertagen für den Betrieb des Lasers im Zwehrenturm gesorgt.

Eine Idee und ihre Umsetzung – „Mein LaserMeter“

Unser Mitglied Helmut Plate hatte die ebenso einfache wie auch faszinierende Idee, den 7325 m langen Strahl zwischen Zwehrenturm und Oktogon des Herkules meterweise zum Preis von 10 € zu „verkaufen“ und den Erlös für den Erwerb neuer Technik einzusetzen.

Das documenta forum entwickelte ein umfangreiches Werbe- und Spendenkonzept. Der Start erfolgte mit der Museumsnacht am 2. September 2006 vor dem Landesmuseum und in Anwesenheit von Horst H. Baumann. Die Resonanz war überwältigend, und viele Bürger*innen gaben ihre Bestellung für ihren LaserMeter sofort am „Verkaufsstand“ ab.

Der Laser ist gerettet!

Im Herbst 2007 waren alle technischen, finanziellen und rechtlichen Voraussetzungen für den Einbau der neuen Lasertechnik erfüllt. Bei der Klärung der technischen Fragen konnte das documenta forum Sachverständige der Universität Kassel, Fachgebiet Laserphysik, beratend in Anspruch nehmen.

Mit Horst H. Baumann (HHB) stand das documenta forum in regelmäßigem Austausch. Der Künstler konnte zur offiziellen Anschaltung am 16. November nicht anwesend sein, hatte aber vom 29. Oktober bis 2. November 2007 die Neueinrichtung und Justierung zusammen mit dem Kasseler Laser-Fachmann Marco Lauschmann, der die Technik von Beginn an mit betreute, vorgenommen. Zu seinem großen Kummer konnte aus technischen und finanziellen Gründen die rote Komponente der Strahlenkonfiguration nicht realisiert werden.

Der „alte“ Laser führte zu einem hohen Energieverbrauch, durch ein zur Kühlung notwendiges Wasserbecken mit 3000 Litern, das im Laserraum unter einem Zwischenboden eingelassen war. Durch die neue Lasertechnik und die Solaranlage, die auf dem Dach des Fridericianums installiert wurde, konnten die Energiekosten deutlich reduziert werden. Dafür war es zunächst erforderlich, den zuständigen Denkmalpfleger zu überzeugen. Aufwendig und mit erheblichen Kosten verbunden waren auch die Auflagen des Brandschutzes für die Nutzung des Raumes im Zwehrenturm.

Alle baulichen und rechtlichen Voraussetzungen im Zwehrenturm, in der Orangerie und im Landesmuseum ließen sich in Verhandlungen mit der documenta GmbH und der Museumslandschaft Hessen Kassel (mhk) schließlich klären, sodass dem Einbau der neuen Lasertechnik nichts mehr im Wege stand. Über die Nutzung der Rechte an dem Kunstwerk wurde mit Horst H. Baumann ein Vertrag bis Ende 2018 abgeschlossen.

Mit der Aktion „Rettet den Laser“ warb das documenta forum durch den Verkauf der 7.325 Meter 73.250 € und weitere 131.000 € von Sponsoren (SMA Technologie AG, Städtische Werke AG und Stadt Kassel) ein. Damit ließen sich sämtliche Kosten für den Zeitraum von zehn Jahren decken. Das documenta forum hatte sich verpflichtet, für diesen Zeitraum den Betrieb für den Laser zu übernehmen.

Bereits diese Spendenbereitschaft von Bürgerinnen und Unternehmen war ein voller Erfolg – aber womöglich ist es noch viel höher zu bewerten, dass über 1500 Kasselerinnen und Kasseler sich als neue „Eigentümerinnen“ mit dem Laser, mit einem documenta-Kunstwerk und damit auch mehr als vorher mit der documenta selbst identifizierten, mit Bekannten darüber sprachen und „LaserMeter“ als originelles Geschenk ansahen.

Das bürgerschaftliche Engagement und die Sponsoren sorgten somit dafür, dass das Lichtkunstwerk schließlich wieder am Himmel von Kassel strahlte. Es ist vor allem Hans Brinckmanns Initiative zu verdanken, dass die Rettung des Lasers erfolgreich realisiert werden konnte.