Harry Szeemann

Harald Szeemann

Harald Szeemann beeinflusste die Ausstellungsinstitution documenta nachhaltig – die documenta 5, 1972 gilt nach der documenta 1 als wichtigste der ganzen Ausstellungsserie. 

Hier und in der Folge hat Harald Szeemann die Profession des unabhängigen Ausstellungsmachers, des Kurators, definiert.

Sein Privatarchiv kann in den Arbeitsauftrag des documenta Archivs eingebunden werden. Es erweitert den Fundus des Archivs in eine besonders interessante Dimension. Die imaginäre Gedankenwelt der Kuratoren. Dabei sollten die Archive auch anderer Kuratoren durchaus Gegenstand der Begierde sein. Das Archiv erhält dadurch ein weiteres Alleinstellungsmerkmal der documenta- bzw. der internationalen Ausstellungs-Geschichtswissenschaft. Das kulturelle Profil der Stadt Kassel würde mit dem Ankauf des Harald Szeemann Archivs einen Quellenfundus von internationaler Ausstrahlungskraft und höchster Reputation gewinnen. Bereits zu seinen Lebzeiten galt ihm sein Archiv als Inbegriff des von ihm so genannten „Museums der Obsessionen“ und war viel frequentierter Anlaufpunkt und Studienzentrum für KünstlerInnen, KuratorInnen und Wissenschaft lerInnen aus aller Welt. Gemäß seines Ethos, Kreativitätspotentiale, schöpferische Intensitäten bzw. Utopien sichtbar zu machen, entwickelte Harald Szeemann in der Ideenwerkstatt seines Archivs über 200 Autoren-Ausstellungen. Neben der documenta 5 von 1972 gehören hierzu „Kunst der Geisteskranken“ (1963), „When Attitudes Become Form (1969), „Happening und Fluxus“ (1970), „Junggesellenmaschinen“ (1975), „Der Hang zum Gesamtkunstwerk“ (1983), „Zeitlos“ (1988) die Biennalen von Venedig (1999) und (2001) oder „Blut und Honig – Zukunft ist am Balkan“ (2003)und zahlreiche andere. Das Projekt „Wiedervorlage d5“ (2001), bei dem das documenta Archiv bereits eng mit Harald Szeemann und seinem Archiv zusammengearbeitet hat, konnte zeigen, wie wichtig seine Referenz für nachfolgende Generationen von KünstlerInnen und KuratorInnen ist.

Das Harald Szeemann Archiv befindet sich in einem alten Fabrikgebäude im Tessin gelegenen Ort Maggia. Der Materialbestand erstreckt sich auf ca. 400 qm., Bücher, Kataloge, Zeitschriften, Korrespondenzen, Fotos, Presserezensionen, Plakate, Notizen, Konzeptpapiere, Manuskripte, aber auch von ihm selbst verfasste literarische Schriften (z.T. unveröffentlicht) liegen vor. Die Künstler- bzw. Kunstwerkfotografien des namhaften Fotografen Balthasar Burckhard, . Abgelichtet sind (z.T. unveröffentlichte) Werke und Aktionen der berühmten Künstler der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts, wie z.B. Joseph Beuys, Bruce Nauman ua.) Innerhalb der archivspezifischen Materialkonvolute finden sich auch Original-Künstlerskizzen und Handzeichnungen sowie persönliche Erinnerungsstücke. Tabellen, architektonische Modelle, selbst gezeichnete Grundrisspläne mit der Zuordnung den Künstler- und Werknamen. Zum Memorialcharakter des Szeemann Archivs gehören die einheitlichen Weinkisten, die als Aufbewahrungsbehälter dienten. Für das Szeemann-Archiv werden hier angemessene Raumdispositionen getroffen. Damit das Archiv in seiner monolithischen Einheit weiter präsentiert werden kann. Weitere Nachlässe und Privatarchive wurden dem documenta Archiv bereits in Aussicht gestellt (Bazon Brock, René Block). Kassel verfügt institutionell über ein spezialisiertes Profil, z.B. hat die Kunsthalle Fridericianum unter der Leitung von René Block eine Kuratorenschule initiiert, die Kunsthochschule Kassel hat im Zuge der Umstellung auf die Bachelor/ Masterstudiengänge gegenwärtig das zeitgenössische Ausstellungswesen zum Gegenstand der beruflichen Qualifikation seiner AbsolventInnen gemacht. Zu einem synergetischen Effekt der bestehenden Kasseler Kultureinrichtungen könnte aber auch in internationaler Hinsicht die Zusammenarbeit(z.B. auch durch Austausch von Stipendiaten) mit weiteren Archiven der zeitgenössischen Kunst befördert werden.

Dirk Schwarze