23. November 2024

MHK – Provenienz-Forscher untersucht Städtische Kunstsammlung

Ein wichtiger Aspekt der documenta 14 war die Schärfung unseres “historischen Bewusstseins”. Dabei ging es zum Beispiel um die deutsch-griechische Geschichte, aber auch um die Historie der documenta selbst und um das Thema Raubkunst. Man denke an das Projekt der Künstlerin Maria Eichhorn in der neuen Galerie oder auch den ursprünglichen Plan der Kuratoren, auf der documenta die Gurlitt-Sammlung zu zeigen.

Provenienz-Forschung gab es natürlich auch schon vor 2017 und der documenta 14. Doch dank der Strahlkraft der Ausstellung wurde das Thema in einer breiteren Öffentlichkeit verstärkt wahrgenommen und in seiner weitreichenden Bedeutung erkannt und diskutiert. 

Städtischen Kunstsammlung wird auf “NS-verfolgungsbedingten Entzug” untersucht

Die Museumslandschaft Hessen Kassel beschäftigt bereits seit 2018 einen wissenschaftlichen Mitarbeiter in der Provenienz-Forschung – gefördert durch das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste in Magdeburg, die Stadt Kassel sowie das Land Hessen. Untersucht wird die Eigentumshistorie der Objekte der Städtischen Kunstsammlung auf NS-verfolgungsbedingten Entzug. Diese wichtige Stelle wurde nun auf weitere zwei Jahre verlängert. 

Über 300 Werke sollen durch Provenienz-Forscher Günther Kuss im Zusammenhang mit der Projektförderung in der Städtischen Kunstsammlung untersucht werden. Bei ungefähr der Hälfte dieser Erwerbungen kann nach einem Jahr der Forschung ein NS-verfolgungsbedingter Entzug ausgeschlossen werden. Durch Untersuchung der Gemälderückseiten oder Archivdokumentationen in ganz Deutschland wird versucht, ein möglichst vollständiges Bild der Eigentumsverhältnisse des Werkes zwischen 1933 und 1945 zusammenzusetzen.

Silberbecher als Raubkunst identifiziert

Der Provenienz-Forscher Günther Kuss war im Zusammenhang mit einem anderen Projekt bereits von 2015 bis 2017 bei der MHK zur Untersuchung der Staatlichen Kunstsammlungen beschäftigt. Ihm ist es zu verdanken, dass 2017 ein Silberbecher aus der Sammlung Angewandte Kunst als Raubkunst identifiziert und seinen rechtmäßigen Erben zurückgegeben werden konnte.

Stärkung und Ausweitung der Provenienzforschung

Das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste wurde am 1. Januar 2015 als Stiftung bürgerlichen Rechts von Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden gegründet. Ziel ist die Stärkung und Ausweitung der Provenienz-Forschung, die sich mit der Herkunft und den Eigentumsverhältnissen von Kulturgütern beschäftigt. Es soll ermittelt werden, ob sich Objekte in den Sammlungen der Museen befinden, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgungsbedingt geraubt oder entzogen wurden.

Bild: Auch das Gemälde »Die Tempelruinen von Selinunt« von August Bromeis wird auf seine Provenienz untersucht. Quelle: Museumslandschaft Hessen Kassel