Der Düsseldorfer Konzeptkünstler Mischa Kuball hat dem documenta archiv in Kassel fünf Arbeiten seiner Werkserie „researchdesknolde/kritik/documenta (2021)“ geschenkt.
Mischa Kuball ist seit 2007 Professor für public art an der Kunsthochschule für Medien, Köln, assoziierter Professor für Medienkunst an der Hochschule für Gestaltung/ZKM in Karlsruhe und seit 2015 Mitglied der Akademie der Wissenschaften und Künste NRW in Düsseldorf. Die Schwarz-Weiß-Collagen auf Metallplatten wurden bereits am 8. April feierlich im documenta archiv überreicht. Sie sind das sichtbare Ergebnis der Auseinandersetzung Kuballs mit dem Künstler Emil Nolde und insbesondere dessen Rolle auf den ersten documenta-Ausstellungen. Kuball hat für diese Arbeit intensive Recherchen im documenta archiv und bei der Nolde-Stiftung in Seebüll betrieben.
Die angebliche „innere Emigration“ des Antisemiten Emil Nolde
Das Deutsche Historische Museum, das sich dem Themenkreis intensiv in mehreren Ausstellungen und Publikationen gewidmet hat, schreibt über Nolde und die documenta:
Seit 1955 präsentierte sich dem documenta-Publikum mit der künstlerischen „Moderne“ eine Epoche, die in Deutschland zwischen 1933 und 1945 als „entartet“ gegolten hatte. Das Programm, mit dem sich die Bundesrepublik ihren westlichen Partnern hier empfahl, speiste sich aus einer Vergangenheit, die man vorgab, überwinden zu wollen. Dabei war fast die Hälfte derjenigen, die an der Organisation der ersten documenta mitwirkten, Mitglied von NSDAP, SA oder SS gewesen. Zu ihnen zählte auch der Kunsthistoriker, wissenschaftliche Berater und Kurator Werner Haftmann. Wie durch den Historiker Carlo Gentile öffentlich bekannt wurde, erhielt Haftmann für seinen Einsatz bei einer „Bandenjagdkompanie“ 1944 in Italien das Eiserne Kreuz 2. Klasse. 1946 wurde er als Kriegsverbrecher von den italienischen Behörden gesucht. Diesen Teil seiner Biografie verschwieg der Ideengeber der documenta 1–4 lebenslang, wie auch seine NSDAP-Mitgliedschaft.
Werke von ermordeten jüdischen, emigrierten oder kommunistischen Künstlerinnen und Künstlern waren in Kassel hingegen nicht vertreten, stattdessen wurde der Antisemit Emil Nolde von Haftmann zum Künstler in der „inneren Emigration“ verklärt.
Für die Opfer von Verfolgung, Krieg und Massenmord schien kein Platz in der Erzählung vom vermeintlichen Neuanfang der nur scheinbar entpolitisierten Kunst der jungen Bundesrepublik.
(Quelle: www.dhm.de)
Ausstellung „nolde/kritik/documenta“
Im Dezember 2022 wird im Fridericianum (in den Räumen des Kasseler Kunstvereins) die Ausstellung „nolde/kritik/documenta – ein Projekt des documenta archivs, der Draiflessen Collection, der Nolde Stiftung Seebüll und Mischa Kuball“ gezeigt werden. Die Ausstellung wird begleitet von Vortrags- und Diskussionsformaten.
Beitragsbild: Nazi-Propagandaminister Joseph Goebbels bei der Ausstellung „Entartete Kunst“ in München 1938. Bundesarchiv, Bild 183-H02648 / CC BY-SA 3.0 DE, Ausstellung entartete kunst 1937, CC BY-SA 3.0 DE