Eine Ausstellung im Rahmen der documenta 15
Laufzeit: 18. Juni bis 24. September 2022
Eröffnung: 17. Juni 2022, 18:00 bis 21:00 Uhr
Öffnungszeiten: jeweils Mittwoch bis Sonntag von 12:00 bis 19:00 Uhr
Das Hugenottenhaus im Zentrum Kassels
Seit 2019 entwickeln Silvia und Lutz Freyer, Udo Wendland und Maren Freyer, zusammen mit den Künstler*innen und Unterstützer*innen, das Hugenottenhaus in der Mitte Kassels mit der Kunstzone und der Café/Bar Perle zu einem Kunst- und Kulturort mit einer Ausstrahlung weit über Kassel hinaus. Das Haus, das 1825 erbaut worden ist, war 2012 für viele ein Geheimtipp der documenta 13. Erst 2019 wurde der Ort in Verbindung mit der Impulse für Kassel Stiftung, wiederbelebt und zugänglich gemacht. Mit der Ausstellung freie Zimmer haben wir das Haus wieder geöffnet und mit bewegte Zimmer (2020) und Doppelzimmer (2021) dem Hugenottenhausprojekt eine langfristige Perspektive gegeben. Die in vielen Jahren entstandene Künstlergruppe des Hugenottenhaus‘, darunter auch ehemalige documenta Teilnehmer*innen, erweitert sich stetig. Sie setzt sich mit außergewöhnlichem Engagement für diesen besonderen und erhaltenswerten Ausstellungsort ein.
Das Ausstellungsprojekt erste hilfe : first aid
2022 haben wir mit erste hilfe : first aid ein Ausstellungsprojekt entwickelt, das von Vernetzung und Zusammenarbeit, Vertrauen in die Kunst und ihrer Wirkmächtigkeit geprägt sein wird. Begleitungen durch die Ausstellung ermöglichen Kommunikation, Austausch von Wahrnehmung und überraschende Einblicke. Besucherangebote lassen Menschen aller Altersgruppen zu Mitwirkenden werden. Ein wesentlicher Schwerpunkt ist neben dem Zeigen von aktuellen Kunstpositionen und dem Heranführen und Vertiefen von Kunstwahrnehmung, die kulturelle Teilhabe und die Vernetzung in den Stadtraum und darüber hinaus.
Die Künstler*innenliste ist nun komplett. Spannende Positionen lassen eine ungewöhnliche Ausstellung erwarten. „Wir sagen gerne Ausstellungsprojekt“, sagt Silvia Freyer, die zusammen mit Lutz Freyer die Ausstellung kuratiert. Lutz Freyer war jahrelang Mitglied im Vorstand des documenta-forums. Neben den einzelnen Kunsträumen gibt es auch dieses Jahr wieder Angebote für die interessierten Besucher:
100 Kinder der Schule am Wall, einer Grundschule mit hohem Migrationsanteil, werden die Ausstellung besuchen, ihre Eindrücke untereinander austauschen und mit Material selbst mitgestalten. Ein weiteres Highlight ist die Besucheraktion 100 Tage 100 Menschen, initiiert von Lutz Freyer:
An jedem Tag der Ausstellung, die parallel zur documenta öffnet (nur Montag und Dienstag geschlossen), ist ein Mensch eingeladen von seinem Erlebnis in Bezug auf erste Hilfe zu berichten. Dieser 4-Minuten-Impuls wird aufgenommen und als Film zusammengefügt, eine besondere Dokumentation entsteht. Anschließend können die Anwesenden miteinander ins Gespräch kommen.
Vielfältige Vernetzung z.B. mit der Architekturklasse der Uni Kassel, mit Tänzerinnen, mit Initiativen vor Ort und nicht zuletzt mit Bands und Musiker*innen machen die öffnende Ausrichtung des Gesamtprojektes deutlich.
Aber nun zur Kunst …
Am Liebsten würde das Künstlerpaar Silvia und Lutz Freyer jeden „ihrer“ Räume vorstellen und darüber erzählen, da jedes Zimmer besonders ist. Die gezeigten Arbeiten sind oft direkt für die Ausstellung erarbeitet. Über politische, gesellschaftliche oder individuelle Herangehensweisen entsteht Kunst mit eindringlicher Notwendigkeit.
- Im ersten Raum der Ausstellung begegnet uns eine Arbeit der Brüder Maik und Dirk Löbbert, die auf eine Arbeit der beiden für das Blutspendezentrum in Kassel referiert: Ein 5 Tonnen schweres rotes Kreuz, das die Außenwand nach innen durchdringt. Kernstück der aktuellen Arbeit ist ein Blutspendebus auf dem Parkplatz des Hugenottenhaus‘. Von hier aus soll echtes Blut dahin fließen, wo es gebraucht wird.
- In einem weiteren Raum ist die Arbeit von Thomas Schütte zu sehen: Der General. Diese Arbeit war schon vor dem Krieg in der Ukraine virulent. Nun hat sie an trauriger Aktualität gewonnen.
- Mit Masha Vyshedska ist eine ukrainische Künstlerin beteiligt, die gerade erst mit ihren beiden Kindern nach Deutschland geflohen ist. Ihre eindrücklichen Zeichnungen werden mit Hanno Millesis Collagen in einem Raum zu sehen sein.
- Als Ikonen des Kunstgeschehens sind EVA & ADELE in einem Zimmer zu sehen. Seit 30 Jahren stehen sie als Gesamtkunstwerk bei Ausstellungen und Events in der Öffentlichkeit.
- Carola Ruf, eine Künstlerin, die in Kassel lebt, greift ihre Arbeit aus dem Jahre 1993 auf, die sie zur Ausstellung Transit im Hugenottenhaus entwickelt hat. Abgeschoben hatte sie auf die Wände gestempelt, referierend auf die Stempelungen in den Pässen von Asylbewerbern. Auch nach 30 Jahren hat diese Arbeit nicht an Aktualität verloren.
Das sind nur 5 Positionen in den über 20 Räumen des Hugenottenhaus‘. Spannende Erzählungen, verschiedenste Zugänge zu dem Thema Erste Hilfe, lassen ein interessantes Ausstellungsereignis erwarten, das bis in unseren Alltag hinein schwappt. Plakatwände am Ende der Kunstzone, die zur Innenstadt hin ausgerichtet sind, gehören ebenfalls zur Ausstellung und künden von dem, was hinter der Plakatwand zu sehen sein wird.
Teilnehmende Künstlerinnen und Künstler:
Peter Josef Abels, Joey Arand, Autohaus Autohaus, Jörn Budesheim, Alice Creischer, Maria Anna Dewes und Myriam Thyes, Bert Didillon, EVA & ADELE, Janosch Feiertag und Sarah Metz, Ingrid Flohry und Marco Glashagen, Lutz Freyer, Silvia Freyer, Armin Hartenstein, Pascal Heußner, Thomas Huber, Claudia van Koolwijk, Julia Kröpelin, Ubbo Kügler, Henrik Langsdorf, Simone Letto, Oliver Leuer, Maik und Dirk Löbbert, Stefan Lux, Hanno Millesi, Christian Phillipp Müller, Michael Part, Norbert Radermacher, Susanne Radscheit, Carola Ruf, Judith Samen, Claudia Schmacke, Gregor Schneider, Thomas Schütte, Stephan von Borstel, Nele Waldert, Ricky Weber, Yidahn, Masha Vyshedska
Foto: Pascal Heußner