25. April 2024
Dock 4

Bericht des Vorsitzenden für die Zeit vom 12. 11. 2008 bis 27. 10. 2009

Wieder mussten wir innerhalb eines Jahres von zwei langjährigen und engagierten Mitgliedern Abschied nehmen. Wilfried Gerke starb überraschend während einer Reise. Er hatte bis zuletzt in der Arbeitsgruppe, die sich um die Kennzeichnung der documenta-Außenkunstwerke bemüht, mitgewirkt. Anfang des Jahres war nach langer schwerer Krankheit Klaus Pfromm gestorben. Sein Vermächtnis ist die Planungsstudie zum Ausbau eines Bode- oder documenta-Zentrums. Bis wenige Tage vor seiner Einweisung ins Krankenhaus hatte er an dem Konzept gearbeitet. Den Erfolg, dass die Stadt und das Land die in der Studie niedergelegten Ideen zur Grundlage ihrer weiteren Planungsüberlegungen gemacht haben, konnte er nicht mehr erleben. Beiden werden wir ein ehrendes Andenken bewahren.

Lassen Sie mich gleich bei den Plänen, das Dock 4 zu einem documenta-Zentrum auszubauen, bleiben. Die vom Land und der Stadt gemeinsam getragene AG doc arbeitete im Frühjahr sehr aktiv. Zweimal wurde ich als Sprecher des documenta forums hinzugezogen. Es wurde auch ein Architekturbüro beauftragt, das Alternativlösungen vorstellte. Doch nachdem sich die AG für einen Entwurf entschieden hatte, kehrte eine beängstigende Stille ein. Dass nichts mehr passiert ist, hängt wohl auch damit zusammen, dass Spannungen zwischen dem Land und der Stadt bestehen.

Zentraler Diskussionspunkt im documenta forum waren die Bemühungen um den Ankauf des Szeemann-Archivs. Es war nicht immer leicht, den Überblick zu behalten, weil sich viele Seiten – aus unterschiedlichen Gründen – einschalteten. Mit einiger Befriedigung können wir sagen, dass unser Engagement für das Projekt – zweitweise in Zusammenarbeit mit anderen Kulturvereinigungen – dazu beigetragen hat, dass jetzt die Ankaufsbemühungen auf einem ordentlichen Weg sind.

Schwierig war die Situation im Frühjahr deshalb, weil die Stadt zwar eine Million Euro zum Ankauf bereitgestellt hatte, bis zum April aber kein ordentlicher Antrag zur Unterstützung bei der Länder-Kultur-Stiftung vorlag. Nachdem Generalsekretärin Pfeiffer-Poensgen dies mir am Rande eines Treffens mitgeteilt hatte, konnte ich in einer vom Kulturdezernenten einberufenen Sitzung zum Szeemann-Archiv dies in Form einer Beschwerde vortragen. Um Frau Pfeiffer-Poensgen das breite Interesse der Kulturszene in Kassel am Szeemann-Archiv zu dokumentieren und ihr Wohlwollen zu sichern, schrieb ich im Namen des documenta forums ein zweites Mal an sie. Glücklicherweise hat sie sich in Geduld geübt und ist offenbar bereit, in Sachen Szeemann-Archiv als Verhandlungsführerin aufzutreten. Auch ist wohl der formelle Antrag der Stadt auf dem Weg.

Dieser mühsame und schleppende Prozess offenbarte, dass wir im documenta forum auf der Überholspur waren, während die Akteure von Stadt und Land noch gar nicht gestartet waren. So haben wir die von Helmut Plate entwickelte Idee, eine Künstlerstiftungs-Aktion zugunsten des Szeemann-Archivs zu planen, erst einmal zurückgestellt. Da wir nicht zum Ankauf beitragen wollen, sondern zur Erschließung des Archivs (Stiftungsprofessur?) müssen wir erst einmal warten, bis der Ankaufsprozess im Wesentlichen gesichert ist.

Als ich vor zwei Jahren von Hans Brinckmann den Vorsitz übernahm, sagte er mir, dass er die Abwicklung des Laserprojektes noch betreuen wolle. Beide waren wir davon ausgegangen, dass das eine Sache von Wochen oder Monaten sei. Doch wir täuschten uns. Durch die Laser-Probleme ist Hans Brinckmann nach wie vor aktiv wie ein Vorstandsmitglied. Dafür verdient er unseren herzlichen Dank.

Zwei Themenfelder gibt es dabei.

1. Die Lasertechnik selbst: Während der Orangerie-Laser, der anfangs viele Probleme bereitete, mittlerweile zuverlässig funktioniert, gab es beim Laser Richtung Herkules Leistungsabfall und Sichtbarkeitsprobleme. Inzwischen ist der Laserstrahl vom Zwehrenturm zum Herkules (ohne Abspaltung zur Orangerie) deutlich besser sichtbar. Doch dieser Zustand ist nur eine Übergangslösung: In Abstimmung mit dem Vorstand hat Hans Brinckmann mit Herrn Lauschmann und der Firma Sollinger folgendes besprochen. Für die Projektion Zwehrenturm-Herkules kaufen wir aus dem Laser-Vermögen für 30 000 Euro einen 16-Watt-Laser (statt fünf Watt). Der derzeitige Laser, der ein Ersatz ist für unsere ursprüngliche, zeitweise defekte Anlage, kommt auf den Turm Landesmuseum, um ebenfalls in Richtung Herkules einen Strahl auszusenden. Und unter alter, reparierter Laser wird uns von Sollinger kostenlos, aber ohne Garantie für eine Projektion Zwehrenturm-Orangerie überlassen.

2. Der Laser-Raum im Zwehrenturm: Wir standen in diesem Jahr kurz davor, dank der Vorleistungen von SMA den Raum im Zwehrenturm als gelegentlichen Treffpunkt einzurichten. Dann wurden alle Bemühungen zurückgeworfen, weil der Brandschutz den Raum als Treffpunkt nicht freigeben will, weil es außer der schmalen Treppe keinen zweiten Fluchtweg gibt, denn das Turmzimmer und sein Balkon können mit der Feuerwehrleiter nicht erreicht werden, und eine fest installierte Außentreppe ist aus Denkmalschutzgründen nicht denkbar. Mehrfach hatte Hans Brinckmann deswegen Kontakt mit Brandschutzexperten. Eine Ausweglösung wäre, wenn die Türen in dem entsprechenden Bereich durch Brandschutztüren ersetzt und eine Sicherheits-Überdrucklüftung (Süla) installiert würden. Welche Kosten dadurch entstehen würden, muss noch geprüft werden.

Kulturpolitisch hatten wir uns engagiert, als wir im Januar zusammen mit anderen Kulturinitiativen eine Diskussion mit den Landtagskandidaten im Hörsaal des Landesmuseums organisierten. Gespannt sind wir auf die Weiterentwicklung der Kulturpolitik in der Stadt, nachdem feststeht, dass das zuständige Dezernat ins Büro des Oberbürgermeisters umzieht. Der OB hat mich als Sprecher des documenta forums für Mitte November zu einem Gespräch eingeladen.

Spannend ist auch, wie sich die Museumslandschaft Hessen Kassel – insbesondere mit Blick auf die Moderne – weiterentwickelt. Ich bin froh, dass wir im September den neuen Direktor, Prof. Dr. Bernd Küster zu Gast hatten. Auch wenn manches noch undeutlich blieb, wurde klar, dass wir mit ihm im Blick auf die Neue Galerie und die Nutzung des Fridericianums viel Diskussionsstoff haben werden.

Dank der Zusammenarbeit mit dem documenta Archiv konnten wir zur Museumsnacht ein inhaltlich gutes Programm bieten. Wir konnten drei Szeemann-Filme präsentieren, darunter das Interview zur documenta 5, sowie kurze Amateurfilme zur documenta 3 bis 8. Außerdem hatte Miki Lazar hervorragende Poster für unseren Stand produziert. Das Publikumsinteresse aber war mäßig. Viele konnten mit dem Namen Szeemann kaum etwas anfangen, und andere fanden die Amateurfilme nur dann interessant, wenn Stadtansichten ins Bild kamen. Kurz, der Aufwand stand in keinem Verhältnis zur Resonanz. Da auch aus dem documenta forum nur mit Mühe Mitglieder zu gewinnen waren, die in der documenta-Halle Präsenz zeigen wollten, ist zu fragen: Beteiligen wir uns weiter an der Museumsnacht? Und wenn ja – in welcher Form und an welchem Standort?

Die Arbeitsgruppe, die sich mit der Frage der Beschilderung der documenta-Außenkunstwerke beschäftigt, hat mehrfach getagt und Entwürfe erstellt. Ich freue mich, dass heute ein Prototyp vorgestellt werden kann.

Jetzt noch zwei andere erfreuliche Dinge:

Das groß angelegte Digitalisierungsprojekt „mediaartbase“, das von der Bundeskulturstiftung gefördert wird und für das wir voriges Jahr 25000 Euro einwerben konnten, macht Fortschritte. Bei der Umsetzung des Projektes hat Karin Stengel auch einige schöne Funde machen können. Die Funde sowie Zwischenergebnisse werden im Zusammenhang mit der Dokumentarfilm- und Videofestival präsentiert. Sie alle sind herzlich dazu am 11. November, 17 Uhr, im Bali eingeladen.

Noch in einem weiteren Fall konnten wir dem documenta Archiv helfen: Frau Stengel wurde ein Video-Filmset (auf DVD) von 58 Werkhandlungen (Performances) sowie eine dreiteilige Video-Werkbiographie und eine vierteilige Werkedition von dem Künstler Franz Erhard Walther, die vier mal an der documenta beteiligt war, für 5350 Euro angeboten.

Wir können diese wichtige Werk- und Performance-Dokumentation für das documenta Archiv ankaufen, nachdem sich HNA-Verleger Dr. Dirk Ippen und die Kasseler Sparkasse (Herr Mehlich und Herr Krath) bereit erklärt hatten, die Finanzierung zu übernehmen. Zur offiziellen Übergabe, wahrscheinlich am 26. November, 15 Uhr, im documenta Archiv erwarten wir auch den Künstler.