Pressemeldung der Zeit: Im August des vergangenen Jahres wurde Prof. Dr. Heinz Bude zum Gründungsdirektor des documenta Instituts berufen. Nun legt er gemeinsam mit der Historikerin Karin Wieland erste Ergebnisse seiner Nachforschungen zur Geschichte der Kunstausstellung vor.
Einer der wichtigsten Kunsthistoriker der Bundesrepublik, Werner Haftmann, war seit 1933 in die Sturmabteilung (SA) organisiert, berichtet die Wochenzeitung DIE ZEIT in ihrer jüngsten Ausgabe. Bei Nachforschungen in den Archiven der Humboldt-Universität stießen die Autoren Heinz Bude und Karin Wieland auf eine Studienkarte des späteren Mitgründers der Documenta in Kassel. Dort gibt Haftmann an, seit dem 3. November im Sturm 31 im Dienstgrad eines SA-Mannes organisiert zu sein. Haftmann wurde nach dem Krieg auch zum Gründungsdirektor der Neuen Nationalgalerie in Berlin ernannt. Seine Verstrickung in der NS-Zeit hatte er zeitlebens verschwiegen.
Erst voriges Jahr war die NSDAP-Mitgliedschaft Haftmanns öffentlich gemacht worden: Aus seiner Mitgliederkarteikarte, die sich im Bundesarchiv befindet, geht hervor, dass er am 1. Oktober 1937 in die NSDAP aufgenommen wurde. Der Soziologe Bude und die Schriftstellerin Wieland können nun nach Darstellung der Zeit erstmals seine SA-Mitgliedschaft nachweisen. Nach dem 2. Weltkrieg veröffentlichte Haftmann Standardwerke zur modernen Malerei. Seine bekanntgewordene SA-Mitgliedschaft wirft nach Einschätzung von Heinz Bude und Karin Wieland ein neues Licht auf das Kunstverständnis und die Ästhetik Haftmanns.
Quelle: www.presseportal.de
Bild: Prof. Dr. Heinz Bude (Universität Kassel, Hamburger Institut für Sozialforschung), Foto: Stephan Röhl, Attribution-ShareAlike 2.0 Generic (CC BY-SA 2.0)
Kommentar des Vorstands des documenta forum:
Zu diesem Artikel haben uns – insbesondere via Facebook – zahlreiche kritische Anmerkungen erreicht. Es wurde geltend gemacht, dass wesentliche Erkenntnisse über die SA-Mitgliedschaft Haftmanns bereits vor der Veröffentlichung von Heinz Bude und Karin Wieland vorgelegen haben. Das documenta forum hat ein großes Interesse an der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit der frühen documenta-Macher, wie z.B. Werner Haftmann. Deshalb haben wir auf dieser Website neben anderem die Vorträge der Teilnehmer des am 15. Oktober 2019 stattgefundenen Symposiums im Deutschen Historischen Museum zur Geschichte der documenta vollständig als Video eingestellt. Darüber hinaus kommen auch andere kritische Stimmen zu Wort, die sich mit der Vergangenheit der documenta beschäftigt haben: neben Sabine Schormann und Martin Groh zum Beispiel auch Mirl Redmann. Zusätzlich hinweisen möchten wir auf die entsprechenden Arbeiten von Nanne Buurman und Nora Sternfeld (externer Link).
Hier gibt es die Beiträge zur Geschichte der documenta im Überblick.