23. November 2024

Chronik Szeemann-Archiv

Hier findet sich eine Chronik des Szeemann-Archiv, beginnend im Januar 2008 bis zum Jahr 2013

2008

Januar: Erste Beratungen zum Ankauf des Szeemann-Archivs

März: Brief des documenta forums an die Kulturstiftung der Länder, um den Erwerb des Szeemann-Archivs dringlich zu machen. Antwort: Aussagekräftige Unterlagen liegen noch nicht vor, aber es ist „wichtig zu wissen, dass es in der Stadt Kassel eine so große Unterstützung gibt.

Juni: Prof. Klaus Pfromm hat an einem Konzept für ein Bode-Zentrum gearbeitet, in das das Szeemann-Archiv integriert werden soll. Übersendung der Projektstudie an den Oberbürgermeister und den Kulturdezernenten.

September: Gespräch mit Bürgermeister Junge im documenta forum über Bode-Zentrum und Szeemann-archiv.

Oktober: Bericht der HNA über die Ideen zum documenta/Bode-Zentrum

Pressekonferenz sowie Brief an Hilgen und Junge mit der Bitte, die Ankaufsbemühungen zum Szeemann-Archiv voranzutreiben – unterschrieben von documenta forum, KulturNetz, Kunsthalle, Kunsthochschule, Kunstverein, Kulturforum Sozialdemokratie, Glas der Vernunft, Stiftung 7000 Eichen und Kulturausschuss Rotary Club


2009

Februar/März: Gespräche einer Arbeitsgruppe im Büro Junge zum Szeemann-Archiv. Mitteilung, dass die Stadt eine Million Euro zum Erwerb bereitstellen will. Erarbeitung eines Kommunikatationskonzeptes.

März: Mitteilung von Rein Wolfs, dass es in der Schweiz Bemühungen gibt, das Szeemann-Archiv dort zu halten.

Mündliche Mitteilung von Frau Pfeiffer-Poensgen (Kulturstiftung der Länder) bei einem Termin in Kassel: Die Stadt Kassel habe noch keinen offziellen Antrag zum Erwerb des Szeemann-Archivs gestellt. Gespräch mit Junge darüber am selben Tage und erneuter Brief an die Kulturstiftung.

April: Brief des Kulturamtes an die Kulturstiftung der Länder mit der Ankündigung, dass Stadt und Land gemeinsam auf den Erwerb des Szeemann-Archivs hinarbeiten.

Bis Mai: Eine AG documenta von Stadt und Land (unter Federführung des Landes) berät auf der Grundlage der Studie von Klaus Pfromm den Ausbauplan documenta-Zentrum im Bereich Dock 4 und Untere Karlsstraße 14. Ein Architekturbüro stellt drei Alternativen vor, von denen eine dem Land und der Stadt als Diskussionsgrundlagen vorgelegt wird.

Gegen Ende des Jahres billigt die Stadtverordnetenversammlung diesen Vorschlag als Planungsgrundlage. Das Land hingegen lässt nach der Regierungsumbildung und dem Ministerwechsel diesen Vorschlag in der Schublade verschwinden.

Mai: Brief an Hilgen und Junge: Dank für die Bereitstellung der eine Million Euro und Bitte, das Haus Untere Karlsstraße 14 für die Realisierung des documenta-Zentrums zu sichern.

September: Museumsnacht im Zeichen des Szeemann-Archivs: Aufsteller, Verkauf des Szeemann-Heftes der Zeitschrift „Du“, Vorführung von Szeemann-Filmen

Oktober: Einladung Hilgens als neuer Kulturdezernent an den Vorsitzenden des documenta forums. Gespräch auch über Szeemann-Archiv

Treffen in Berlin (Stadt, Land, Bundeskulturstiftung) auf Einladung der Länder-Kulturstiftung zum Szeemann-Archiv. Die Bundeskulturstiftung kann sich am Ankauf nicht beteiligen, wäre aber bereit eine Ausstellung von Teilen des Archivs mit vorausgegangener Erforschung der Materialien zu unterstützen.


2010

Frühjahr/Frühsommer: Die Verhandlungen mit Frau Lüscher kommen nicht voran, da sie einerseits unerfüllbare Forderungen stellt und offenbar das Land alleine verhandeln und den Preis in unrealistischer Weise drücken will. Überhaupt gibt es immer wieder widersprüchliche Nachrtichten über den Verlauf der Verhandlungen. Mal heißt es, die finanziellen Forderungen von Frau Lüscher (fünf Millionen Euro oder mehr) seien zu hoch, dann wieder wird das Szeemann-Archiv schlecht geredet. Aus dem Ministerium und dessen Umfeld heißt es, das Szeemann-Archiv enthalte viele Objekte (wie Zeitschriften), die man überall haben könne, dann wieder verlautet, das Archivmaterial sei feucht und vom Schimmel befallen. Auch soll in einer Verhandlungsrunde Prof. Küster (mhk.-Direktor) als neuer Berater der Ministerin gesagt haben, solche Archive würden immer wieder auf den Markt kommen.

Hilgen bringt bei einer SPD-Kulturkonferenz das Bundesbankgebäude als Standort für das documenta-Zentrum ins Gespräch.

Juni: Gespräch mit Ministerin Kühne-Hörmann im documenta forum zum Szeemann-Archiv. Sie schlägt vor, das documenta forum möge helfen, ein Symposium zum Umgang mit dem Szeemann-Archiv. Gleichzeitig macht sie keinerlei Zusagen, sich über den Szeemann-Ankauf hinaus für das documenta Archiv/documenta-Zentrum von Landesseite aus zu engagieren.

Juli: Brief des documenta forums an Kühne-Hörmann und Hilgen mit der nachdrücklichen Bitte, gemeinsam die Verhandlungen zum Szeemann-Archiv voran zu bringen und auch eine gemeinsame Trägerschaft für ein documenta-Zentrum anzupeilen.

Herbst: Erst scheint es so, als seien die Ankaufsgespräche gescheitert, dann heißt es Ende des Jahres, land und Stadt hätten mit dem neuen Anwalt von Frau Lüscher (Peter Raue/Freundeskreis der Neuen Nationalgalerie) eine Grundsatzeinigung erzielt.


2011

Januar: Bei einem Gespräch im documenta forum bestätigt Hilgen diesen Stand; es müssten jetzt noch Details ausgehandelt werden. Hilgen macht aber klar, dass für die Stadt Voraussetzung für den Erwerb ist, dass das Land in die Trägerschaft documenta Archiv/documenta-Zentrum einsteigt.

April: Es heißt, am 12. Juni solle der Vertrag mit Ingeborg Lüscher und Anwalt Raue unterschrieben werden, einige Details müssten noch ausgehandelt werden. Gleichzeitig verdichten sich aber Hinweise, dass das Getty-Institut jetzt doch ernsthaft mit Ingeborg Lüscher verhandele.

6. Juni 2011: Die Leiterin des documenta Archivs, Karin Stengel, erhält von Frau Lüscher die telefonische Nachricht, dass das Szeemann-Archiv an Getty verkauft worden sei.

7. 6. 2011: In einem gleichlautenden Brief an OB Bertram Hilgen und Kunst-Ministerin Eva Kühne-Hörmann sowie in einer Presseerklärung ruft das documenta forum das Land Hessen und die Stadt Kassel dazu auf, die gemeinsame Verantwortung für das documenta Archiv, die während der Ankaufsverhandlungen dokumentiert worden sei, weiterhin zusammen zu tragen, das documenta Archiv weiter zu entwickeln und die jeweils eine Million Euro, die Stadt und Land für den Ankauf eingeplant hätten, als Anschubsumme für den Ausbau des documenta Archivs bereitzustellen.

27. 7./18. 8. 2011: Kunst-Ministerin Eva Kühne-Hörmann und Oberbürgermeister Bertram Hilgen antworten auf den Brief vom 7. 6.. Beide bedauern das Scheitern der Ankaufsbemühungen und unterstreichen die Wertschätzung des documenta Archivs.

Eva Kühne-Hörmann: „Gleichzeitig teile ich Ihre Einschätzung hinsichtlich der großen Bedeutung des documenta Archivs. Es zählt… zu den umfangreichsten Dokumentationszentren für die Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts in Europa. Daher ist es auch mein Anliegen…., die Aufwertung des documenta Archivs zu unterstützen. Ihren Vorschlag, die für den Erwerb des Nachlasses eingeplanten finanziellen Mittel für den Ausbau des documenta Archivs einzusetzen, werde ich in meine Überlegungen einbeziehen.“

Bertram Hilgen: Doch ich teile Ihre Auffassung, dass es nun gilt, nach Vorne zu schauen. Ich habe daher Frau Stengel gebeten, dem Direktor des Getty Research Institutes… zu signalisieren, dass wir… an einer engen Zusammenarbeit mit ihm interessiert sind. … Es wäre sehr zu begrüßen, wenn das Land Hessen als Träger der documenta GmbH seine Verantwortung auch für jene Institution erkennt und diese wahrnimmt, die als „Gedächtnis der documenta“ gilt. Es ist völlig richtig, dass das documenta Archiv eine Vielzahl von Dienstleistungen für die documenta GmbH erbringt. Die Stadt Kassel hat … die Mittel, die ursprünhlich für den Erwerb des Szeemann-Archivs vorgesehen waren, umgewidmet für den Ausbau des documenta Archivs…. Ich begrüße es daher sehr, wenn das documenta forum sich gemeinsam mit der Stadt dafür einsetzt, dass das Land den von der Stadt vorgezeichneten Weg mit uns geht.“

Diese Bekenntnisse bleiben ohne Folgen. Zeitweise lehnt die Ministerin jede Mitverantwortung des Landes für das documenta Archiv ab. Die Stadt bekräftigt zwar ihre Zusagen, doch offenbar steht die eine Million Euro für den Ankauf nicht mehr zur Verfügung.

7. 9. 2011: Volker Rattemeyer stellt die schriftliche Antwort der Ministerin auf das Auskunftsersuchen der Landtagsabgeordneten Sarah Sorge und Dr. Andreas Jürgens zum Szeemann-Archiv zur Verfügung.

Die Antwort enthält einen bemerkenswerten Absatz zum Stand der Verhandlungen im Juni 2010: „Der Hessische Minister der Finanzen stellte seitens des Landes eine Ankaufssumme in Höhe von einer Million Euro in Aussicht sowie zusätzlich eine Verpflichtung des Landes bezüglich der notwendigen Folgemaßnahmen (konservatorische und restauratorische Maßnahmen und Erschließung des Bestandes), für die nach Einschätzung des Sachverständigen ca. 50 so genannte Mann-Arbeitsjahre erforderlich sein werden.“


2012/2013

Frau Stengel weist darauf hin, dass Frau Lüscher das Archiv gern nach Kassel gegeben hätte, doch sich für das Getty-Institut entschieden habe, da Kassel nicht verbindlich mitteilen konnte, wo das Archiv untergebracht und wann die Erforschung beginnen werde.

Es bestehen gute Kontakte zum Getty-Institut. Im Frühjahr 2013 wird bekannt, dass das Getty-Institut dabei sei, mit zehn Mitarbeitern das Archiv zu erforschen. Zur Biennale in Venedig soll die Szeemann-Ausstellung „When Attitudes become form“ mit Hilfe der Archiv-Unterlagen rekonstruiert werden. Die Ausstellung von 1969 war so etwas wie eine Probelauf für Szeemanns documenta 5.