In dem Jahr, in dem ihn der Tod ereilte, bot Arnold Bode (1900 – 1977) noch einmal seine ganze Kraft, Energie und Kennerschaft auf, um den Traum, den er seit Jahren träumte, in die Wirklichkeit umsetzen – zu einer documenta eine Ausstellung im Oktogonschloss unter dem Herkules zu realisieren. Für sein Oktogon-Projekt hatte Bode eine Künstlerliste aufgestellt, er hatte die Finanzierung durchgerechnet, er sah das Ziel vor Augen, musste dann aber doch kapitulieren.
Vor allem fehlte das Geld. Aber selbst wenn er das Geld zusammenbekommen hätte, hätten die Schwierigkeiten erst richtig begonnen, denn diese Kunstschau wäre eine Neben- oder Gegen-documenta geworden, weil sie nicht aus dem Team von Manfred Schneckenburger vorbereitet worden wäre, sondern von dem nahezu ausgebooteten documenta-Gründer. Außerdem hätte noch sorgfältig geprüft werden müssen, ob das Oktogonschloss in dem damaligen Zustand überhaupt für die Öffentlichkeit freigegeben worden wäre.
Trotzdem bleibt die Tatsache, dass das Oktogon für eine documenta ein faszinierendes Gebäude wäre. Schon im Sommer 1959 hatte Bode in einem Text für die Stadt mit Blick auf eine dritte documenta geschrieben: “…. Die Plastik aber fände ihren Platz in dem grandiosen, mehrstöckigen Gewölbebau des Oktogon. Dieser phantastische Bau mit seinen zyklopischen Mauern, mit den überhohen Gewölben, seiner verwinkelten Umgänge, mit dem bestürzenden Schacht seines Inneren, den überwölbten Terrassen den offenen Bögen nach innen und außen, dem Blick auf die dunklen Mauermassen wie auf die helle Landschaft böte eine Raumsituation, wie sie für die zeitgenössische Plastik erregender nicht zu finden wäre….”
Diese Vision wartet bis heute auf ihre Umsetzung. Eine documenta oder vergleichbare Schau im Oktogon – unter dem Herkules und mit Blick auf das Tal, in dem Kassel liegt, wäre die Krönung.
Prof. Heiner Georgsdorf, Schüler und Mitarbeiter Bodes, später Lehrer an der Kunsthochschule Kassel und Vorsitzender des Kasseler Kunstvereins, hatte für die Kandidatur Kassels als Kulturhauptstadt (2010) Bodes Vision aufgegriffen und einen konkreten Ausstellungsvorschlag ins Gespräch gebracht. Mit dem Scheitern der Bewerbung starb vorerst auch der Plan.
2010 hat Georgsdorf das Oktogon erneut als Ausstellungsort ins Gespräch gebracht. In einem Brief an Kassels Oberbürgermeister Bertram Hilgen, der jetzt auch Kulturdezernent ist, regte er an, zum Stadtjubiläum im Jahre 2013 eine Oktogon-Ausstellung zu planen – etwa mit Daniel Birnbaum als Kurator. Doch bevor dieser Vorschlag ernsthaft auf seine Realisierbarkeit geprüft werden konnte, gab es erneut das Aus. Auf eine Anfrage bei dem Direktor der Museumslandschaft Hessen Kassel, Prof. Bernd Küster, ob die Museen die Idee befürworten würden, teilte er bedauernd mit, dass 2013 die Arbeiten im Oktogon noch nicht abgeschlossen seien und daher zu diesem Zeitpunkt an keine Ausstellung gedacht werden könne.
Quelle: Dirk Schwarze