26. April 2024

Überleitung des documenta Archivs in die documenta und Museum Fridericianum GmbH

Bode Tagebuch, © documenta Archiv / Rothen

Das documenta Archiv in Kassel wird ab dem 1. Januar 2016 in die Trägerschaft der documenta und Museum Fridericianum Veranstaltungs-GmbH (documenta GmbH) übergehen und dort mit verbesserter finanzieller Ausstattung seine Arbeit fortführen. Eine Kooperationsvereinbarung zwischen der Stadt Kassel und dem Land Hessen haben der Aufsichtsratsvorsitzende der documenta GmbH, Oberbürgermeister Bertram Hilgen, und der hessische Wissenschafts- und Kunstminister Boris Rhein am Mittwoch, 15. Juli, in Anwesenheit der Geschäftsführerin der documenta GmbH, Annette Kulenkampff, im Kasseler Rathaus unterzeichnet. Das Land Hessen wird danach zukünftig den bisher von der Stadt aufgebrachten Jahresetat für das Archiv von 500 000 Euro um die gleiche Summe verdoppeln.

Ein bedeutender Schritt in der Geschichte der documenta

„Diese Kooperationsvereinbarung ist ein bedeutender Schritt in der nun sechzigjährigen Geschichte der documenta. Mit der Überleitung des 1961 gegründeten Archivs in die neue Trägerschaft und der Aufstockung der Mittel wird der Verpflichtung, das Erbe der documenta angemessen zu pflegen, Rechnung getragen. Die Sicherung des materiellen und immateriellen Erbes der documenta stärkt zugleich auch die Zukunft der documenta“, sagte Oberbürgermeister Bertram Hilgen.

„Das Archiv ist das Gedächtnis der documenta und damit ein unermesslicher Schatz, der gehoben und wissenschaftlich aufgearbeitet die documenta mit ihrer nun 60-jährigen Geschichte auch institutionell zu einem Stück Kunstgeschichte macht. Mit den zusätzlichen Landesmitteln in Höhe von 500.000 Euro jährlich ab 2016 können die bisher unzulänglichen Arbeitsbedingungen im Archiv verbessert werden und Strukturen für die Entwicklung hin zu einem Institut gelegt werden. Damit unterstützt die Landesregierung die documenta GmbH in den Jahren 2014 bis 2018 mit insgesamt 10,3 Millionen Euro und schafft so verlässliche Rahmenbedingungen für die documenta 14“, erklärte Wissenschafts- und Kunstminister Boris Rhein.

Den gleichen Betrag zahlt die Stadt Kassel im Zuge der paritätischen Finanzierung durch Stadt und Land. Die Gesamtsumme steht für die Vorbereitung und Durchführung der documenta 14, die Ausstellungstätigkeiten des Fridericianum, die documenta Halle, die Verwaltung der documenta GmbH und zukünftig für das documenta Archiv zur Verfügung. Damit erhält die GmbH auf fünf Jahre verteilt jährlich zwei Millionen Euro.

Stärker mit internationalen Archiven verknüpfen

„Auf dem Weg, das documenta Archiv zukünftig stärker mit internationalen Archiven zur zeitgenössischen Kunst zu verknüpfen und eine bessere Zugänglichkeit sowie größere Präsenz in der Stadt Kassel und weltweit zu erreichen, ist die Übergabe des Archivs an die documenta GmbH und die damit verbundene verbesserte finanzielle Ausstattung ein bedeutender Schritt, dem hoffentlich weitere folgen“, erklärte die Geschäftsführerin der documenta GmbH, Annette Kulenkampff.

Gleichzeitig seien mit der Kooperationsvereinbarung auch die Weichen für ein schon lange geplantes documenta Institut gestellt worden, erklärten sie.

Das documenta Archiv gehört zu den bedeutendsten Dokumentationszentren für die Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts in Europa. Zu seinen zentralen Aufgaben zählt die Archivierung der Akten aller documenta Ausstellungen, was es zu der zentralen Anlaufstelle für alle Fragen der Ausstellungsgeschichte und damit für jede Beschäftigung mit der documenta macht.

Die Zukunft: Ein documenta Institut

Schon 1961 hatte der documenta Gründer Arnold Bode nach zwei erfolgreichen documenta Ausstellungen die Einrichtung eines wissenschaftlichen Archivs oder eines Instituts für unumgänglich gehalten. Das documenta Archiv konnte jedoch mit den bisher zur Verfügung stehenden finanziellen und personellen Ressourcen nicht im vollen Umfang die Standards eines wissenschaftlichen Archivs erfüllen.

Um nachhaltig das Erbe der documenta zu sichern, haben Stadt und Land jetzt mit dem Kooperationsvertrag im Jubiläumsjahr 2015 politisch, finanziell und organisatorisch die Weichen zum Aufbau eines documenta Instituts gestellt. Erste Voraussetzungen für die wissenschaftliche Arbeit sind die mit der Hilfe des Landes im Jahr 2013 eingerichtet documenta-Gastprofessur an der Universität Kassel, die bibliothekarischen und archivarischen Strukturen sind von Seiten der Stadt gegeben und die institutionellen Vernetzungen zwischen Universität/Kunsthochschule, Archiv und documenta GmbH geknüpft.

Wissenschafts- und Kunstminister Boris Rhein: „Die Professur werden wir als documenta-Professur um weitere fünf Jahre verlängern, denn sie stellt einen wichtigen Eckpfeiler für das künftige documenta Institut dar. Eine sinnvolle und erfolgreiche documenta-Forschung kann nur in Zusammenarbeit von documenta Archiv und Universität Kassel gelingen. Ziel des documenta Instituts ist es, die Geschichte und den Erfolg der Weltkunstausstellung noch stärker als bisher auch außerhalb der alle fünf Jahre stattfindenden Ausstellungen erlebbar zu machen.“

Oberbürgermeister Bertram Hilgen: „Gemessen am Selbstverständnis und der Bedeutung der documenta scheint es mehr als überfällig, die Ressourcen innerhalb Kassels zu bündeln und eine Forschungseinrichtung zu etablieren, die sich mit dem weltweit wichtigsten Ausstellungsereignis für Gegenwartskunst beschäftigt und dessen globaler Reichweite Rechnung trägt – ein documenta Institut. Nachdem Stadt, Land und Universität jetzt die Weichen gestellt haben, wäre es wünschenswert, dass auch der Bund die Notwendigkeit eines documenta Instituts anerkennt und sich daran maßgeblich – auch finanziell – beteiligt. Denn die documenta ist ein zu bewahrendes kulturelles Erbe, wie etwa das Bauhaus, an dessen Neubauten sich der Bund mit rund 52 Millionen Euro beteiligt.“

Kontinuität der documenta

Die Stadt Kassel, das Land Hessen und die documenta GmbH streben an, die documenta auch zwischen den Ausstellungsjahren im öffentlichen Bewusstsein stärker zu verankern und Kassel als Ort zeitgenössischer Kunst und Kunstforschung dauerhaft zu profilieren. Gleichzeitig sollen die documenta und ihre Geschichte zwischen den alle fünf Jahre stattfindenden Ausstellungen in stärkerem Maße erlebbar sein, indem aus dem Archiv heraus Publikationen, Fachtagungen, Seminare, kunstpädagogische Angebote und Ausstellungen zur aktuellen Gegenwartskunst entwickelt werden.

Annette Kulenkampff: „Ab Frühjahr 2016 ist geplant, GPS gestützte Touren zu den Außenkunstwerken vergangener documenta Ausstellungen, die das Kasseler Stadtbild so nachhaltig prägen, anzubieten. Auf der neuen Website der documenta GmbH, die heute in vier Sprachen online geht, werden bereits mit vielfältigem Material aus dem documenta Archiv die documenta Ausstellungen 1-13 vorgestellt und zugänglich gemacht. Darüber hinaus wird aktuell ein Konzept zum Ausbau des Archivs erarbeitet, das ab 2016 die Basis für die Entwicklung eines außeruniversitären documenta Instituts in Kassel bilden soll.“

Quelle: www.hessen.de/pressearchiv